Ich habe über 250 Stunden investiert, um zu lernen wie man lernt.
Das ist mein 5 Schritte Lernsystem, mit dem ich meine Lernzeit halbieren konnte (aka 2x so schnell lerne).
Den Blog gibt’s auch als YouTube Video mit noch mehr und aktuelleren Beispielen drin:
Es gibt unendlich viel Müll da draußen.
Lerntipps und angeblichen Methoden, die dich von einem 5er zu einem 1er Schüler machen sollen.
Leere Versprechungen und oberflächliche Ratschläge.
Und ich weiß, da bin ich auch Teil des Problems.
Das Problem ist:
Lernen ist komplex.
Sehr komplex.
Ich werde nicht in 30 Sekunden Videos deine Lernprobleme lösen können.
Deswegen wird dieser Blog in die Tiefe gehen.
Du wirst Lernen verstehen.
Das Thema ist komplex - der Text wird lang, aber du wirst danach besser lernen als 95% der Menschen da draußen.
Ich gebe dir einen 5 Schritte Prozess, der das Thema systematisiert, damit du nach dem Blog direkt anfangen kannst.
Aber, wie alles, braucht es Übung.
In diesem Blog werd ich dir zeigen, wie du smart lernst — vor allem, wie du schwierige Themen oder viel Stoff sehr viel schneller und langfristiger lernen kannst.
Deine 2 großen Probleme
Vielleicht bist du wie ich:
In meinem ersten Anatomie-Themenblock war ich stark am Limit.
Ich kam im Stoff nicht hinterher.
Es kam immer neuer Stoff oben drauf.
Wenn ich ein Thema gelernt hatte, fühlte es sich so an, als würde ich einen Eisberg an Stoff mit einem Teelöffel abkratzen.
Meine Freizeit war praktisch nicht mehr vorhanden.
Ich habe meine Hobbies hinten angestellt.
Ich habe jeden Tag 8 Stunden gelernt.
Ich hatte kein Leben mehr.
Ich dachte ich würde einfach langsam lernen oder wäre nicht intelligent genug.
Aber als ich dann zum nächsten Themenblock meine Lernstrategie umgestellt hatte, wurde alles anders.
Ich habe noch immer viel gelernt (was im Medizinstudium normal ist), aber lange nicht so viel wie zuvor.
Zwei Tage vor der Klausur habe ich mit einem Kumpel ein paar Stunden gegrillt, weil ich so entspannt war.
Am Abend vor der Klausur hab ich sonst immer versucht alles noch in mein Gehirn reinzuhauen.
An dem Abend hab ich ein YouTube Video geschnitten und dabei Musik gehört.
Wenn du mit dem Lernen überfordert bist, dann bist sehr wahrscheinlich nicht Du das Problem**.**
Wenn uns jemand das Lernen beibringt (falls das überhaupt einer tut), kommen damit häufig 2 Probleme einher, durch die wir viel zu ineffektiv lernen.
Diese Probleme musst du bei dir erkennen und eliminieren.
Erstes Problem:
Als ich in der 6. Klasse war, hatte ich Angst vor Mathe.
In der letzten Klausur hatte ich eine 4 geschrieben und ich wollte unbedingt eine 2 auf dem Zeugnis.
Natürlich war meine 4 in Mathe damals nicht die Schuld der Schule.
Aber wenn ich jetzt diese Klausur nochmal machen würde, würde ich bestimmt nicht nochmal eine 4 Schreiben.
Jetzt ist 6. Klasse Mathe ein Witz für uns.
Später habe ich gelernt Mathe anders anzugehen.
Meine letzte Matheklausur in der Schule waren 15 Punkte (in Vektoren oder Statistik - eins von beidem).
Wir gehen immer davon aus, dass der Stoff, den wir in der Schule bekommen auch auf unserem Level ist.
Das Problem war, dass ich in der 6. Klasse nicht dumm war, mir fehlte einfach die Basis.
Wenn du Stoff nicht verstehst oder ihn dir nicht merken kannst, dann nicht weil du dumm bist.
Meistens fehlt dir einfach ein bestimmtes Vorwissen.
Aber das bekommen wir nie beigebracht.
Ich dachte lange, ich sei das Problem.
Problem 2 hängt eng mit Problem 1 zusammen:
Wenn ein Lehrer seinen Schülern etwas beibringt, sagt er es vor und die Schüler sprechen es nach.
Das nennt man Road Memorization.
Eine Information so lange wiederholen, bis sie im Kopf bleibt.
Da ist nichts mit Basis und Vorwissen — trotzdem hab ich auch lange so gelernt.
Nicht nur, dass wir die Prinzipien des Lernens nicht beigebracht bekommen.
Wir lernen nie, dass wir neues Wissen mit vorhandenem Wissen verknüpfen müssen.
Wir werden dazu ermutigt, Stoff einfach nochmal neu aufzusagen, wenn die Antwort falsch ist.
Aber wir müssen uns doch viel eher fragen: “Warum ist diese Antwort falsch?”.
“Welche Lücke in meinem Vorwissen führt dazu, dass ich Strahlensätze grad nicht verstehe?”
Diese beiden Probleme und falsch beigebrachten Lernmethoden kosten dich Stunden deines Lebens.
Bei mir gingen damit Stress, Angst vor Klausuren und keine Freizeit mit einher.
Die Überholspur des hollistischen Lerners
Was ich dir heute zeigen möchte ist ein Modell, was ich mir selber zusammengebaut habe.
Jedoch basiert es auf einem Konzept das sich “Holistic Learning” nennt.
Dieses Konzept ist das Gegenteil von Road Memorization.
Es geht um das Lernen, Verstehen und Vertiefen neuer Inhalte durch Verknüpfung mit bekanntem Wissen.
Es ist ein Konzept, durch das du gezwungen bist, Inhalte tief zu verstehen.
Ein tiefes Verständnis bringt
entweder eine gute Erinnerung mit sich
oder es erscheint dir so logisch, dass du den Stoff gar nicht auswendig lernen musst.
Es ist keine “Lerntechnik”.
Es ist ein Konzept bestehend aus Prinzipien, die in 5 Schritten angeordnet sind.
Es ist ein Modell, welches du für dich anpassen kannst.
Du wirst durch dieses Modell verstehen, warum welche der 20.000 Lerntechniken in welcher Situation sinnvoll ist.
Du wirst verstehen, wie du welches Fach für dich lernen musst.
Du wirst Lernen verstehen.
Du wirst sehr viel schneller und langfristiger lernen
Du wirst mehr Zeit für die Schönen Dinge im Leben haben
Dadurch konnte ich mir mein Leben zurückholen.
Ein Grundsatz
Wir lernen neue Inhalte nicht durch stumpfes Wiederholen.
Wir verstehen die Inhalte so tiefgreifend und verknüpfen sie mit vorhandenem und relevantem Wissen, dass wir uns das auswendiglernen sparen können.
1. Schritt: Priming
Priming alleine wird deinen Lernerfolg stark verbessern.
Wenn du Schüler bist, ist Priming dein Schlüssel zu krassen mündlichen Noten.
Es geht darum, dass sich unser Gehirn dann Inhalte am besten merken kann, wenn es sie
als wichtig erachtet.
mit bekannten Inhalten verknüpfen kann.
Diese Technik machst du
vor dem Unterricht
vor der Vorlesung
vor dem Lernen neuer Inhalte
Viele Menschen stürzen sich einfach in ein Thema rein, ohne Vorwissen zu haben, auf dem sie aufbauen können.
Zusätzlich gehen die meisten Vorlesungen schnell ins Detail, ohne einen Überblick zu geben.
Diesen Überblick musst du dir selber geben.
Du musst dir hollistisches Lernen so vorstellen, dass du ein Netz knüpfst.
Wenn du dich direkt in Details vertiefst, knüpfst du ein sehr engmaschiges Netz.
Du fängst nur kleine Fische, die in das Netz passen.
Wir wollen aber so lernen, dass wir erst ein großes Netz knüpfen, um die großen Fische zu fangen.
Dann gehen wir immer mehr ins Detail und schließen die Lücken.
Durch Priming knüpfst du dir genau so ein erstes Netz.
Dadurch wirst du
in der Vorlesung mehr verstehen, weil du einen Überblick über das große Ganze hast
dir die Inhalte besser merken, weil du verstehst, wieso was wichtig ist
sehr viel seltener an einen Punkt kommen, an dem du in der Vorlesung/im Unterricht raus bist, weil du nichts mehr verstehst
Bevor du die Vorlesung guckst:
gehst du einmal alle Überschriften durch.
Du guckst dir die größten Punkte auf den Folien an.
Es geht nicht ums Lernen, sondern darum ein Verständnis zu entwickeln.
Du sollst dir einen so guten Überblick über das Thema verschaffen, dass du immer weißt, worum es grade in der Vorlesung geht.
Genauso machst du es mit Büchern.
Guck dir erst die großen Überschriften an.
Guck ob es Zusammenfassungen gibt.
Guck ob es YouTube Videos gibt, die das Thema erklären (wenn du in der Schule bist, mach das IMMER - es gibt zu allem Videos).
Ich benutze auch gerne ChatGPT mit folgendem Prompt:
Ich möchte mehr über xy lernen. Identifizier und erkläre mir die wichtigsten 20% der Erkenntnisse von diesem Thema, die mir helfen werden 80% des Themas zu verstehen.
Wenn du eine komplette Liste mit all meinen ChatGPT Prompts haben möchtest, kannst du sie dir hier zuschicken lassen:
https://janijckel.podia.com/chatgpt-prompts
Stell dir während des Priming schon immer die 2 wichtigen Fragen:
Wieso ist diese Information wichtig/relevant?
Wie steht diese Information in Verbindung mit dem, was ich schon weiß?
Ein hollistischer Lerner lernt in Ebenen.
Wir fangen ja auch nicht an ein Haus zu bauen, wenn das Fundament nicht sitzt.
Mit diesen Ebenen machen wir jetzt weiter:
2. Schritt: Rekursives Verstehen
Jeder weiß, dass man Dinge erst verstehen sollte.
Aber keiner bringt uns rekursives Verstehen bei.
Ich erwische mich auch manchmal dabei, dass ich Themen zu schnell einfach auswendig lerne - ohne sie wirklich verstanden zu haben.
Jedes Mal muss ich mich dann aktiv selber davon überzeugen, dass ein tiefes Verständnis mir unfassbar viel Zeit sparen wird.
Diesen Schritt hätte Jani in der 5. Klasse für Mathe gebraucht.
Wenn ich ehrlich bin, auch für Chemie in der 9. Klasse.
Die Technik, wie wir dafür nehmen nennt sich “Recursive Deepening”
Also rekursives Vertiefen.
Wenn wir uns die mathematische Definition von rekursiv anschauen, wird das Konzept schon klarer.
Wir gehen immer auf einen bekannten Wert zurück.
Wir haben uns durch das Priming ein großes Netz gestrickt.
Neue Informationen stellen wir uns als Fische vor.
Wenn du etwas noch nicht verstehst, dann nicht weil du dumm bist.
Sondern, weil an dein Netz (Vorwissen) nicht eng genug geknüpft ist, damit der Fisch (neues Wissen) hängen bleibt.
Klein-Jani war nicht zu dumm für Mathe, ihm hat einfach das nötige Vorwissen gefehlt.
Wenn ich etwas zum ersten Mal lerne, will ich, erkläre ich mir die Inhalte immer mit der Feynman Technik.
Die Feynman Technik besagt, dass du etwas nur verstehst, wenn du es einfach erklären kannst.
Deswegen sagen viele, dass du so tun solltest, als würdest du einem Fünftklässler das Thema erklären.
Das heißt auch, dass du Fachbegriffe und Fremdwörter erklären musst.
Dadurch bist du gezwungen darüber nachzudenken, was genau das Zytoplasma oder ein Ion ist und es zu vereinfachen.
Ich finde es dauert zu lange, wenn man die Fünftklässler-Analogie durchzieht.
Wir sind ja auf der Überholspur.
Nicht auf der rechten Spur.
Deswegen erkläre ich es der Version von mir, die im Wissen ein Stück hinter mir ist.
Oder einer imaginären Person, die mit mir studiert, aber das Thema noch nicht hatte.
Es geht nur darum, dass du erkennst, wo deine Verständnislücken sind.
Sobald du Inhalte nicht vereinfachen, Fachwörter nicht ersetzen oder Konzepte nicht erklären kannst, hast du es nicht richtig verstanden.
An dieser Stelle kommt meine goldene Regel:
Alles, wofür ich länger als 2 Minuten brauche, um es auf Feynman Level erklären zu können, überspringe ich erstmal.
Weil
Vorlesungen nicht immer in der Reihenfolge sind, wie dein Kopf die Informationen braucht
dein Netz im Kopf durch weitere Inhalte enger geknüpft wird
Du überspringst erstmal die Fische, die noch durch dein Netz durchrutschen.
Beim zweiten Durchgehen (rekursiv!) ist dein Netz enger geknüpft.
Jetzt gehe ich die Inhalte nochmal durch, die ich vorher weggelassen habe.
Ich will es an dem Punkt noch nichts auswendig können.
Deswegen habe ich beim erklären mit der Feynman Technik immer die Folien/das Buch offen und gucke drauf, wenn es hakt.
Aber natürlich merkt man sich schon sehr viel, während man den Stoff tief versteht und ihn einer imaginären Person erklärt.
Das klingt, als würden diese beiden Schritte Ewigkeiten dauern.
Aber meistens brauche ich für das Priming nur 5 Minuten.
Das Verstehen des Inhalts ist natürlich abhängig vom Fach.
Chemie brauche ich etwas länger - in Anatomie sind es 10 Minuten.
Aber auch in Neuroanatomie hab ich mir Zeit genommen, um genau zu verstehen, wo die Glandula pinealis liegt und wie sie mit dem Rest verbunden ist.
Wenn ich zwischendurch überfordert bin und den Überblick verliere, mache ich mir Notizen.
Notizen sind dafür da, um dein Kopf zu unterstützen.
Viele machen aus Prinzip Notizen und schreiben die Folien einfach nochmal ab.
Das ist meiner Meinung nach Zeitverschwendung - ein Screenshot in Notion macht das Gleiche.
Nutz Notizen um das Netz zu repräsentieren, das sich in deinem Kopf bildet.
Dein Gehirn denkt aber NICHT IN STICHPUNKTEN, sondern in Beziehungen und Relationen.
Mach dicke und dünne Pfeile.
Nutz Bilder und Analogien.
Die Notizen sehen dann bspw so aus:
(die App heißt Concepts - keine Werbung. Werde ich nur immer wieder gefragt)
Dabei frage ich mich immer:
Wieso ist das wichtig?
Wie kann ich das mit meinem Vorwissen verknüpfen?
Mehr dazu findest du in diesem Video ab Minute 15:36
3. Schritt: Teste dein Wissen
Wenn ich das Thema umfassend verstanden habe, gehe ich zum Testing über.
Du siehst also, dass wir in der Grafik das "Erkunden" und "Anwenden" erstmal auslassen.
Häufig mache ich zwischen dem Verstehen und dem Testing eine kurze 5 minütige Pause oder ein NSDR.
Mehr zum NSDR findest hier unter Punkt 6.
Das große Ziel vom Testing ist es immer herauszufinden, was du nicht weißt.
Das kleinere Ziel vom Testing ist es, den Stoff zum ersten Mal frei durchzugehen und ihn so durch Active Recall zu verinnerlichen.
Wir wollen wieder herausfinden, wo das Netz zu offen geknüpft ist.
Um das zu machen gehst du die Lerninhalte nicht 20x gleich durch.
Du liest dir nicht deine Notizen 5x laut vor.
Du lernst nicht die ganze Zeit die gleichen Anki Karten.
Du schreibst nicht 3x deine Lernzettel ab
Wir versuchen Stoff, den wir eben verstanden haben, von möglichst vielen Standpunkten aus zu testen.
Im Hockeytraining schießen wir von vielen verschiedenen Punkten auf auf das Tor.
Es bringt nichts, immer aus der gleichen Position zu schießen.
Die Chance, dass man im Spiel aus genau der Position zu den perfekten Bedingungen einen Schuss bekommt, ist gleich Null.
Genauso wirst du auch in der Klausur dein Wissen nicht so abgefragt bekommen, wie es auf der Karteikarte steht.
Du wirst umdenken und neue Perspektiven einnehmen müssen.
Teste durch:
Free Recall (mach ein Mindmap zu allem was du weißt)
Anki-Karten deiner Freunde
Altklausuren
Feynman Methode, aber du zeichnest Konzepte auf
Erzeuge Analogien und Metaphern
Lass dich von einem Kumpel abfragen
Wenn ich eine Vorlesung gucke, schreibe ich mir währenddessen schon Fragen in Notion auf.
In Notion kann ich dann in sogenannte “Toggles” (Stichpunkte, die man auf- und zuklappen kann) einen Screenshot der Folie als Antwort auf die Frage nehmen.
Ich würde gerne die Fragen aufgeklappt, aber ich darf die Folien meiner Uni nicht veröffentlichen.
Der Ablauf bisher:
Vor der Vorlesung mach ich mein Priming (5-10min).
In der Vorlesung schreibe ich die Notion-Fragen. Dadurch höre ich aktiv zu und Verbinde den Stoff mit meinem Priming.
Nach der Vorlesung schreibe ich auf meinem iPad alles auf, was ich noch aus der Vorlesung weiß. Wenn ich Wörter oder Konzepte nicht mehr weiß, nutze ich auch x und y. Das nennt man Blurting (ist auf Social Media komplett viral gegangen, aber keiner setzt es richtig in Kontext).
Danach kommt der Schritt “Verstehen”.
Nach dem Verstehen schreibe ich entweder nochmal alles auf, was ich weiß oder ich gehe meine Notion Fragen durch.
Dann sollte ich den Stoff relativ gut im Kopf haben.
Zumindest das grobe Netz.
Neurowissenschaftlicher Tipp:
Mach während des Lernens immer mal wieder kurze (10 Sekunden) Pausen.
In diesen 10 Sekunden feuern die Neurone (Nervenzellen) deines Hippocampus und Cortex auf 10facher Geschwindigkeit in dem genau gleichen Muster wie dem, das entstanden ist, als du eben gelernt hast.
Auf Deutsch heißt das, dass die Bereiche, die für dein Gedächtnis wichtig sind den Stoff auf 10x Geschwindigkeit nochmal durchgehen, wenn du zufällig eingestreute kurze Pausen machst.
Mach also während des Lernens immer mal zwischendurch Pause.
Du kannst auch auf
https://www.randomtimergenerator.com/
gehen.
Ich stelle dort immer 7-13min als Zeitraum ein.
Was du bist jetzt mitgenommen haben solltest:
Dass ein gutes Priming unerlässlich ist für ein schnelles tiefes Verständnis.
Dass du beim Verstehen von Inhalten nicht die Reihenfolge der Vorlesung nehmen solltest
Du solltest rekursiv lernen.
Dass du Inhalte nicht besser lernst durch vermehrtes Wiederholen, sondern durch
das Identifizieren und Füllen von Verständnislücken
das Testen deines Wissens von verschiedenen Seiten
4. Schritt: Der Rote Pfeil (Dein größter Fehler beim Lernen?)
Jetzt kommen wir zu dem spaßigen Teil.
Zu dem Teil, der wirklich der mir mein Leben zurückgeholt hat.
Vor ein paar Monaten saß ich am Schreibtisch und ich konnte mir den Begriff “Tuberculum majus” nicht merken.
Das ist ein Höckerchen am oberen Ende deines Oberarmknochens.
Jedes Mal wenn die Karteikarte kam, habe ich überlegt und hatte das Wort wieder vergessen.
Dann hab ich’s mir drei mal im Kopf vorgesagt:
“Tuberculum majus, Tuberculum majus, Tuberculum majus”, und gehofft, dass ich es nächstes Mal weiß.
Als die Karte das nächste Mal angezeigt wurde, kam ich wieder ins Stottern.
Das war nicht nur in Anatomie so… sondern auch in Fächern wie Chemie oder Physik.
Was ich statdessen hätte machen sollen, ist, dem roten Pfeil zu folgen.
Was jetzt kommt, ist unfassbar wichtig!
4.1 Verstehen
Wenn du etwas falsch hast, frag dich, wieso du es falsch gemacht hast.
Frag dich, ob es ein Verständnisproblem ist und geh mit der Feynman Technik durch, ob du es auch wirklich verstanden hast.
Vielleicht denkst du auch nur, du hättest es verstanden.
Ich mache nicht für alles ein Mindmap, weil es teilweise Zeitverschwendung wäre, aber ich mache es immer für
schwierige Verständnisfächer (Biochemie, Chemie)
alles was nach dem roten Pfeil kommt
Das heißt, dass ich alles Folgende in Mindmaps festhalte.
Sonst sind meine "Notizen" einfach Screenshots von den Folien.
4.2 Erkunden
Das ist das Beste, was ich je gelernt habe.
Ich konnte mir Tuberculum minor nicht merken, obwohl ich es verstanden hatte.
Was ich hätte machen müssen, war dieser Schritt und meine Lernprobleme wären futsch.
Beim Exploring gibt es 3 mögliche Schritte:
Erkundung der Tiefe
horizontale Erkundung
vertikale Erkundung
Ich wünschte diesen Teil des Blogs hätte mir jemand früher gezeigt.
Beim Lernen generell, aber vor allem beim Erkunden stellst du dir vor, dass du ein nerviger 5-jähriger bist, der durchgehend “Wie funktioniert das?”, “Wieso ist das wichtig?” oder “Wie hängt das mit dem Rest zusammen?” fragt.
Erzeuge Neugier in dir selber.
Stell dir selber Fragen, die du wirklich beantworten willst.
Werde zu einem verrückten Wissenschaftler der sich in dem Thema verliert.
Diese Technik nennt man Inquiry Based Learning.
Erkundung der Tiefe
Erkundung der Tiefe bedeutet, dass du tiefer in ein Thema eintauchst.
Das machst du, um dir eine Basis für das Wissen zu bauen, was du eben beim Testing falsch hattest.
Wir erweitern unser Netz.
Knüpfen es enger.
Wir bilden mehr Knotenpunkte.
Bei dem Tuberculum majus checkst du dann:
Tuberculum kommt von lateinisch “tuber” = Höcker
Dieser Höcker bildet den Ansatz für viele Muskeln, ohne die du deine Schulter nicht bewegen könntest
Es gibt daneben noch einen Tuberculum minus
Dazwischen ist eine Rinne, in der die Bizepssehne läuft
Horizontale Erkundung
Hier geht es darum, das Wissen mit anderen Aspekten des Themas zu verknüpfen.
Bei dem Tuberculum majus
Vergleiche ich den Oberarmknochen mit dem Oberschenkelknochen
Wie steht das das Tuberculum in Verbindung mit anderen Sehnen und Nerven?
Wo im Körper gibt es noch diese Art von Höcker?
Vertikale Erkundung
Hier überlegst du, wie diese Inhalte mit Inhalten aus komplett anderen Themen zusammenhängen.
Du könntest
die Höckerchen mit einem Hebelarm in Physik vergleichen.
das Wort “Tuber-culum” mit dem deutschen Instrument der Tuba vergleichen.
den Verlauf von Arterien mit einem Baum vergleichen.
das Rohrsystem deines Hauses als Metapher für Arterien verwenden.
Ich denke das Prinzip wird klar.
Nicht stumpf wiederholen - Netz erweitern und enger knüpfen.
Das wird sich am Anfang unnatürlich anfühlen.
Aber wir alle kennen diese Momente, in denen Stoff einfach nicht in unseren Kopf rein will.
Je mehr Verbindungen du hast und je relevanter der Stoff für dein Gehirn ist, desto eher merkst du ihn dir!
4.3 Anwenden
Nach jedem “Erkunden” wendest du das Gelernte an.
Das machst du indem du neue Erkenntnisse festhälst durch
Visualisierungen
Analogien
Metaphern
Diagramme
Ein Beispiel aus Biochemie:
ALLES BIS ZU DIESEM PUNKT IST DER ENCODING PROZESS.
Das ist der Prozess über den auf Social Media NIEMAND redet.
Der Prozess, wie man neue Informationen in den Kopf zum ersten Mal rein bekommt.
Jetzt kommen wir zu dem, was auf Social Media gehyped wird:
Active Recall und Spaced Repetition.
5. Die nächsten Wiederholungen (Spaced Repetition + Blooms Taxonomy):
Du hast den Stoff jetzt tief verstanden.
Du hast ihn 1x gelernt.
Du hast Lücken identifiziert.
Du hast die Lücken geflickt, indem du neue Verbindungen erstellt hast und diese “angewendet” hast.
Jetzt musst du den Inhalt und das Verständnis bis zur Klausur behalten und weiterhin Lücken in deinem Wissen und Verständnis aufdecken.
Den Stoff wiederhole ich dann
am nächsten Tag
in 3-5 Tagen
in einer bis 1,5 Wochen.
…
Wann ich was wiederhole plane ich mit einem System in Notion, welches auf Spaced Repetition basiert.
Also dem Vergrößern der Zeiträume zwischen Lernsessions.
In diesem Video erkläre ich Spaced Repetition.
Das war eins meiner ersten Uploads auf YouTube.
Im Prinzip geht es aber nur darum, die Abstände des Lernens immer größer werden zu lassen.
In dem Video empfehle ich Anki - hinter der Aussage stehe ich nur noch teilweise.
Du erfährst gleich wieso (Blooms Taxonomy).
Mittlerweile habe ich meinen eigenen Revision Calendar in Notion gebaut.
Wenn du möchtest, kannst du hier mein komplettes Notion System einmal auschecken.
Leider gehe ich in dem Video nicht richtig auf das Lernsystem ein, weil es zu dem Zeitpunkt noch nicht Teil des Templates war.
Im Prinzip halte ich einfach in einer Notion Datenbank fest, wann ich etwas zuletzt gelernt habe und wann ich es das nächste Mal lernen will.
Ich hab ein kostenloses Spaced Repetition Template zusammengestellt, wenn du möchtest, kannst du das hier einmal abchecken:
Durch dieses System
weißt du genau, wann du welches Thema wiederholen musst
was du bei der nächsten Wiederholung machen sollst
wie gut du welches Thema kannst
Viele Menschen würden jetzt immer wieder die gleichen Notion Fragen oder ihre Ankikarten durchgehen.
Aber das ist nicht so effektiv wie man sein könnte.
Wie gesagt: Karteikarten sind so, als würdest du immer vom gleichen Punkt aufs Tor schießen.
Und der “Exploring” Schritt fehlt komplett.
Wenn du das also machst, oder du immer wieder deine Lernzettel durchgehst, Glückwunsch… du kannst noch viel mehr Zeit sparen.
Blooms Taxonomy: Der Schlüssel zu krassem Lernerfolg
Blooms Taxonomy zeigt die Ordnungen des Lernens.
Die verschiedenen Level auf denen man sein Wissen testen kann.
Je höher das Level ist auf dem du lernst, desto tiefer, langfristiger und besser lernst du.
Wie du siehst ist “Recall”, also das Abrufen von Informationen ganz unten.
Lernzettel aufsagen, Ankikarten oder Notion Fragen sind also das unterste Level.
Leider ist es genau das, was uns beigebracht wird - wenn überhaupt.
Deswegen habe auch ich lange so gelernt - bis es im Studium nicht mehr geklappt hat.
Wir wollen nach dem ersten Lernen immer darauf abzielen, die oberen Ordnungen zu treffen.
Understand ist das, was wir durch die Feynman Technik schon gemacht haben, um uns den “Remember” Schritt zu vereinfachen.
Apply mache ich in Medizin zum Beispiel dadurch, dass ich mir klinische Fälle raussuche (oder von ChatGPT geben lasse), die mit meinem Thema zusammenhängen.
Diese versuche ich mir dann selber zu erklären.
Apply können aber auch einfach Probeklausuren oder Übungsaufgaben sein.
Wende dein Wissen an.
Analyse, evaluate und create sind Level, die bei mir fließend ineinander übergehen.
Dabei funktioniert es gut, wenn ich zwei Themen nehme, die ich heute wiederholen muss und diese miteinander vergleiche.
Ich vergleiche, welche Aspekte für den menschlichen Körper wichtiger sind.
Wo sind Systeme ähnlich, was ist verschieden?
Was passiert, wenn welches System kaputt geht?
Wie hängen die beiden Systeme miteinander zusammen?
Wie kann man die Atmungskette mit Fotosynthese vergleichen?
Um diese Zusammenhänge festzuhalten, erstelle ich ein neues Mindmap.
Erstelle Mindmaps von einem neuen Winkel aus.
Gruppiere die Inhalte neu.
Damit hätten wir auch die Ebene “Create” abgehakt.
Du siehst, dass diese höheren Ordnungen des Lernens eng mit dem 3. Schritt “Erkunden” zusammenhängen.
Der Grund, warum ich den “Erkunden” und “Anwenden” -Schritt nicht für alle Lerninhalte mache, ist, weil es lange dauert und nicht immer nötig ist.
Deswegen sind die Linien dort gestrichelt.
Manchmal sind Themen so einfach, dass man sie durch Road Memorization gut lernen kann.
Man muss durch das erste Testen herausfinden, welche Teile den “Erkunden-Schritt” brauchen.
Bei manchen Inhalten wäre das Zeitverschwendung und wir wollen ja dein Leben zurückholen.
Wir wollen auf die Überholspur — um bei dieser cheesy Analogie zu bleiben.
Wenn du den Spaced Repetition Calendar von mir holst, denk dran, dass du nicht nur auf der untersten Ordnung (Recall) lernst.
Lern möglichst in den oberen Ordnungen
Was jetzt?
Das waren sehr viele Informationen.
Aber ich bin sicher, dass dieses System den gesamten Prozess etwas klarer macht.
Speicher dir die Grafiken ab und komm wenn nötig zurück zu dem Blog.
Ich denke du kannst Lerntechniken wie
Blurting
Active Recall
Spaced Repetition
die Feynman Methode
Inquiry Based Learning
jetzt besser einordnen.
Der kostenlose Spaced Repetition Calendar ist nur die kleinere Version von dem System in meinem Notion Template.
Falls du also das System kennenlernen möchtest, mit dem ich mein gesamtes Leben organisiere, ist hier ein Video in dem ich es erkläre:
Sonst war es das für diese Woche.
Ich wünsche dir nur das Beste und freue mich auf nächste Woche.
Jani
Moin, hört sich mega gut an!
Hast du zufällig ICanStudy von Justin sung gemacht?